Geschichte

Wir können inzwischen auf eine über 160-jährige Geschichte zurückblicken. Die im Jahre 1956 erschienene Denkschrift zum 100-jährigen Bestehen des Verbandes umschreibt die geologisch-hydrologischen Ursachen und Verhältnisse im Niersgebiet wie folgt:

„Vor mehreren tausend Jahren fluteten die Hochwasser des Rheins von Grimlinghausen an Kaarst und Schiefbahn vorbei zu der heutigen Niersniederung und flossen, die Orte Neersen, Viersen, Süchteln, Grefrath, Wachtendonk, Geldern und Goch berührend, bei Gennep in die Maas ab. Die Niers war damals nur ein kleiner Fluss, im Hofgraben des Zours-Hofes, einem Landgute zu Kuckum, entsprang und bei Abtshof bei Mönchengladbach in den Hochwasserarm des Rheins mündete. Durch das Hochwasser des Rheins wurden große Schlick- und Sandmengen der Niederung zugeführt. Sie bildeten hier die heute noch festzustellenden Sand- und Tonbänke.

Infolge einer Hochwasser-Katastrophe wurde dann der Rheinarm durch die Urgewalt der tosenden Rheinwässer zwischen Grimlinghausen und Kaarst vollständig zugeworfen, so dass kein Rheinwasser mehr der Niederung zuströmen konnte. Die ganze Niederung versumpfte und vermoorte. Nur die Wasser der Niers bahnten sich in vielen Krümmungen einen Weg durch die breite Sumpffläche. So entstand im Lauf der Jahrhunderte im Nierstale ein auf Tonschichten aufgewachsener Moorboden, in dem einzelne Sandbänke (Donken genannt), wie Inseln eingebettet sind.

Infolge der immer stärkeren Besiedlung am Niederrhein wurde dann allmählich auch die Sumpfniederung nutzbar gemacht. Im Jahre 862 schenkte ein Graf Siegfried dem Kloster Lauersheim, zwischen Goch und Weeze gelegen, größere Flächen der Niersniederung, die dann in Holzungen und Viehweiden umgewandelt wurden.

Eins der Hauptübel der Niers war bis nahezu in die letzte Zeit hinein das schwache Gefälle. Zwischen der Quelle im Keyenberger Bruch und der Mündung bei Gennep in die Maas, besteht auf 128 km Länge ein Höhenunterschied von nur 67 m. Aber selbst dieses schwache Gefälle stand dem Fluss nur zum geringsten Teile zur Verfügung, weil die damaligen Grundherren in dem Niersflusse Staue zum Betrieb von 37 Mühlen angelegt hatten. Da infolge des geringen Gefälles der Niers unterhalb Abtshof durch diese Stau die ganze Niederung unter Wasser gesetzt wurde, musste zum Schutze des Geländes die Niers in Dämme eingefasst werden. Die Mühlenstaue folgten streckenweise so dicht aufeinander, dass der Stau der einen Mühle in das Unterwasser der nächst höhergelegenen reichte. Die Niederung wurde durch einzelne Gräben, den in das Unterwasser jeder Mühle führten, notdürftig entwässert und von den Eigentümern als Holzung oder Weide genutzt.

Da jeder Grundherr bzw. Müller ohne Rücksicht auf seine Ober- und oder Unterlieger glaubte, stauen zu können, damit er möglichst viel Wasserkraft zur Verfügung hatte, kam es laufend zu Streitigkeiten und Überschwemmungen. Um eine gewisse Ordnung herzustellen, musste eine Flusspolizei geschaffen werden, die für die Durchführung ihrer Aufgaben bestimmte Richtlinien erhalten musste. […]“

Diese Richtlinien zur Aufgabenwahrnehmung waren die Vorläufer des Verbandes. Die erste Verordnung wurde von den Herzögen von Cleve und Geldern bereits 1487 erlassen. Weitere Verordnungen wurden für verschiedene Landesgebiete bis 1841 erlassen. Im Gründungsjahr des Verbandes waren noch das „Niersreglement vom 17. Juni 1841“ und die „Niersordnung vom 6. März 1769“ in Kraft.

Um der fortschreitenden Versumpfung des Nierstales und der Niederung am Nordkanal nun wirksam entgegenzuwirken, wurde im Juni 1856 die „Genossenschaft für die Melioration der Niers-Niederung von Neuwerk bis Caen in den Kreisen Gladbach, Kempen und Geldern, sowie der Niederung am Nordkanale im Kreise Gladbach des Regierungsbezirks Düsseldorf“ durch König Friedrich Wilhelm von Preußen gegründet.

 

Gründungsurkunde der Genossenschaft für die Melioration der Niers- und Nordkanal-Niederung
1. Seite des Statuts zur Gründung der Genossenschaft für die Melioration der Niers- und Nordkanal-Niederung

Damit wurde die Trockenlegung des Nierstales erstmals planmäßig angegangen. Mit der Übernahme der Unterhaltung neu angelegter Entwässerungsgräben in den Bereichen des Nordkanales und in Grefrath-Oedt konnte der Verband Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, inzwischen in „Wasser- und Bodenverband der Niers- und Nordkanalniederung“ umbenannt, schon 1956 feststellen, dass das Ziel der Gründung der Genossenschaft erreicht wurde:

„Die Entsumpfung und Trockenlegung der Niederungen ist planmäßig erreicht worden. Die Niederung besitzt heute eine geregelte Vorflut und alle anliegenden Grundbesitze können ordnungsgemäß bewirtschaftet werden.“

Im Rahmen der Gründung des Nordkanalverbandes am 26.10.1959 kam es dann zu einer Neuverteilung der Aufgaben zwischen den bestehenden Verbänden, was im Ergebnis zur Neuaufstellung des Wasser- und Bodenverbandes der Mittleren Niers und am 29.10.1960 zu einer entsprechenden Umbenennung führte.

Wie auch die Veröffentlichung der Festschrift zum 125-jährigen Bestehen des Verbandes zeigt, ist seitdem die Entwicklung nicht stehen geblieben. Die Anforderungen an unsere Arbeit sind gestiegen und steigen weiter. Neben rein wasserwirtschaftlichen Aspekten müssen wir  heute auch ökologische und kulturelle Aspekte bei unserer Planung und Unterhaltung berücksichtigen. Die Öffentlichkeit nimmt mehr Anteil an unserer Arbeit als früher. Die Gesellschaft fordert möglichst unberührte Natur, will aber gleichzeitig ausreichend wirtschaftliche produzierte Nahrungsmittel vorfinden und selbstverständlich in modernen Häusern sicher leben.

Dies ist eine Herausforderung, der wir uns im Interesse unserer Mitglieder und der Allgemeinheit gerne stellen und deshalb auch den auf das 160-jährige Jubiläum in 2016 folgenden Jahren  optimistisch entgegen sehen.